Die Produktgruppe "Sehhilfen" gliedert sich in folgende Teilbereiche:
- Brillengläser,
- Kontaktlinsen,
- vergrößernde Sehhilfen.
Aufgrund der Komplexität der Produktgruppe, wird die Definition in folgende Punkte gegliedert:
Inhaltsübersicht
1. Begriff Sehhilfen
2. Verordnung/Versorgung von/mit Sehhilfen
2.1 Verordnung durch einen Arzt
2.2 Versorgung mit Gläsern für eine Folgebrille durch
einen Augenoptiker
2.3 Mehrfachverordnung einer Sehhilfe
3. - nicht besetzt -
4. Erneute Versorgung mit Sehhilfen
4.1 Allgemeines
4.2 Vollendung des 14. Lebensjahres
4.3 Änderung der Sehfähigkeit um 0,5 dpt
4.4 Ausnahmen in medizinisch zwingend erforderlichen
Fällen
4.5 Ersatzbeschaffung einer Sehhilfe
5. Brillenfassungen(-gestelle) und Systemträger
5.1 Brillenfassungen(-gestelle)
5.1.1 Konfektionierte Brillenfassungen (-gestelle)
5.1.2 Systemträger für vergrößernde Sehhilfen
5.1.3 Montagezubehör für Kepler- und Galilei-Systeme
5.1.4 Aus medizinischen Gründen erforderliche Sonderanfer-
tigungen
5.2 Brillengläser
5.2.1 Allgemeines
5.3 Sonstige Brillen
5.3.1 Allgemeines
5.3.2 Arbeitsschutzbrillen (Korrektionsschutzbrillen)
5.3.3 Bildschirmarbeitsplatzbrillen (Mitteldistanzbrillen)
5.3.4 Schulsportbillen
5.3.5 Lichtschutzbrillen ohne korrigierende Wirkung
6. Kontaktlinsen
6.1 Allgemeines
6.2 Kontaktlinsenarten und ihre Eigenschaften
6.3 Pflege- und Reinigungsmittel
6.4 Benetzungsflüssigkeit
6.5 Intensivreinigung von Kontaktlinsen
6.6 Kontaktlinsen anstelle einer erforderlichen Brille
7. Vergrößernde Sehhilfen
7.1 Allgemeines
7.2 Arten der vergrößernden Sehhilfen und ihre Eigen-
schaften
7.2.1 Brillengläser mit Lupenwirkung
7.2.2 Lupen
7.2.3 Fernrohrsysteme
7.2.4 Handfernrohre
7.2.5 Bildschirmlesegeräte
7.2.6 Übersicht über die verschiedenen Versorgungsmöglich-
keiten
8. Querverweise
9. Indikationsbereiche
9.1 Allgemeine Hinweise
9.1.1 Bestimmung des Visus
9.1.2 Refraktionsbestimmung bei der Sehhilfenversorgung
9.2 Indikationsbereiche für Brillengläser
9.3 Indikationsbereiche für Kontaktlinsen
9.4 Indikationsbereiche für vergrößernde Sehhilfen
Definition
1. Begriff Sehhilfen
Sehhilfen sind optische bzw. opto. elektronische Vorrichtun-gen, die zur Korrektion von Brechungsfehlern oder dem Aus-gleich, der Verbesserung oder Behandlung eines anderen Krankheitszustandes des Auges dienen. Zu Lasten der gesetz-lichen Krankenversicherung (GKV) dürfen nur solche Sehhilfen
verordnet werden, deren Beschaffenheit eine ausreichende, zweckmäßige, funktionsgerechte und wirtschaftliche Versor-gung der Versicherten gewährleisten. Sie müssen bzgl. der optischen und funktionellen Parameter sachgerecht bestimmt und nach optisch-physikalischen und anatomischen Gesichts-punkten ausgewählt, angemessen, angefertigt und angepaßt sein.
Als Sehhilfen kommen nach § 33 Abs. 1, 3 und 4 SGB V i.V.m. Abschnitt "E. Sehhilfen" der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien in Frage:
- Brillengläser,
- Kontaktlinsen sowie
- vergrößernde Sehhilfen.
Vorrangig ist die Verordnung von Brillengläsern. Die Verord-nung von Kontaktlinsen oder vergrößernden Sehhilfen bedarf der besonderen medizinischen Begründung.
Die Verordnung von Sehhilfen wird u.a. notwendig:
a) bei Fehlsichtigkeit: Myopie (Kurzsichtigkeit), Hypero-
pie (Weit- bzw. Übersichtigkeit), Presbyopie (Alters-
sichtigkeit) und Astigmatismus (Stabsichtigkeit)
b) bei Erkrankungen des Auges, die mit einer Sehminderung
verbunden sind (z.B. Makuladegeneration oder andere Dege-
nerationen der Netzhaut)
c) bei Linsenlosigkeit (Aphakie) und Implantation einer
Kunstlinse (Pseudophakie)
d) zur Therapie (z.B. Irislinsen, Verbandschalen, Schiel-
therapeutika) bzw. Prophylaxe (z.B. Kantenfiltergläser
bei Aphakie, bei Photochemotherapie und bei Retinopathia
pigmentosa).
Fertigbrillen sind keine Leistung der GKV, da sie die indi-viduellen Sehanforderungen (z.B. das Zentrieren der Gläser auf die Sehachse des Auges) des fehlsichtigen Menschen grundsätzlich nicht berücksichtigen.
2. Verordnung/Versorgung von/mit Sehhilfen
2.1 Verordnung durch einen Arzt
Die Verordnung von Sehhilfen ist Bestandteil der vertrags-ärztlichen Versorgung und bleibt dem Vertragsarzt vorbehal-ten. Für die Verordnung steht das Vordruckmuster 8 zur Ver-fügung.
Der Versorgung mit Gläsern für eine Folgebrille soll dann eine ärztliche Untersuchung vorausgehen, wenn aufgrund einer auffälligen Veränderung der Sehschärfe seit der letzten Verordnung oder aufgrund des Alters des Brillen-trägers im Zusammenhang mit dem Zeitablauf seit der letzten Verordnung die Gefahr einer Erkrankung des Auges besteht.
2.2 Versorgung mit Gläsern für eine Folgebrille durch
einen Augenoptiker
Mit Urteil vom 18.09.1973 - Az.: 6 RKa 2/72 - (USK 73167) hat das Bundessozialgericht entschieden, daß die bei der Ge-währung von Brillen notwendige Bestimmung des Grades der Fehlsichtigkeit der Augen keine Tätigkeit ist, die ihrem We-sen nach spezieller wissenschaftlicher Kenntnisse auf dem Gebiet der Medizin bedarf und deshalb allein den Vertrags-ärzten vorbehalten wäre.
In diesen Fällen können die Kosten für die Versorgung mit
Gläsern für eine Folgebrille, mit deren Hilfe ein Brech-kraftfehler ausgeglichen wird, durch die Krankenkassen selbst beim Fehlen einer ärztlichen Verordnung übernommen werden, wenn die Refraktionsbestimmung durch einen Augen-optikermeister vorgenommen wurde und die Gefahr einer Er-krankung des Auges nicht bestand.
Dies sollte sich jedoch nur auf Brillengläser beschränken, mit deren Hilfe ein Brechkraftfehler ausgeglichen wird.
2.3 Mehrfachverordnung einer Sehhilfe
Die Mehrfachverordnung von Brillengläsern für eine sog. "Zweitbrille", deren Korrektionsstärke einer bereits vor-handenen Brille entspricht, ist nicht zulässig. Das gilt auch dann, wenn diese Brillengläser für eine Reservebrille (z.B. aus Gründen der Verkehrssicherheit) benötigt werden. Entsprechendes gilt für Kontaktlinsen und für produktart-gleiche vergrößernde Sehhilfen. Vergrößernden Sehhilfen unterschiedlicher Produktarten - z.B. Bildschirmlesegerät und Fernrohrsystem - können jedoch in betracht kommen (sh.TZ 7.1).
In folgenden Fällen kann über eine bereits vorhandene Seh-hilfe hinaus die zusätzliche Verordnung von Brillengläsern erfolgen:
- Arbeitsschutzbrille (vgl. TZ 5.3.2),
- Bildschirmarbeitsplatzbrille (vgl. TZ 5.3.3),
- Brille neben medizinisch indizierten Kontaktlinsen (vgl.
TZ 6.1),
- Brille mit Lichtschutzgläsern (vgl. TZ 5.3.5),
- Sportbrillen für die Teilnahme am Schulsport (vgl. TZ
5.3.4)
3. - nicht besetzt -
4. Erneute Versorgung mit Sehhilfen
4.1 Allgemeines
Der Anspruch auf die Versorgung mit einer Sehhilfe stützt sich ebenso wie für andere Leistungen der GKV auf die medi-zinische Notwendigkeit. Nach § 33 Abs. 4 SGB V begründen geringfügige Änderungen der Sehfähigkeit (der gesetzlich verwendete Begriff "Sehfähigkeit" ist hier mit dem medi-zinischen Begriff "Brechkraft" gleichzusetzen) unter 0,5
Dioptrien bei Versicherten, die das 14. Lebensjahr vollen-det haben, keinen Anspruch auf eine neue Sehhilfe. Ausnah-men sind nur in medizinisch zwingenden Fällen möglich, für die der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen Richtli-nien nach § 92 SGB V erlassen hat.
Hiernach können Gläser für eine Folgebrille bei Versicher-ten, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur verordnet werden, wenn sich die Gläserstärke um mindestens 0,5 dpt geändert hat; eine Änderung der Gläserstärke um 0,5 dpt liegt auch vor, wenn die Gläserstärke für das eine Auge um 0,25 dpt zugenommen und für das andere Auge um 0,25 dpt abgenommen hat. Eine Änderung der Sehfähigkeit auf jedem der beiden Augen um je 0,25 dpt reicht nicht aus, wenn sich die Fehlsichtigkeit an beiden Augen entweder verbessert oder verschlechtert.
Bei Kurzsichtigkeit ist eine Verordnung auch dann möglich, wenn sich mit den Folgegläsern eine Verbesserung der Seh-schärfe (Visus) um mindestens 20 Prozentpunkte erzielen läßt.
4.2 Vollendung des 14. Lebensjahres
Die Einschränkung des § 33 Abs. 4 SGB V gilt nicht für Ver-sicherte, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet ha-ben. Haben Versicherte am Tage der ärztlichen Verordnung bzw. der Folgeversorgung durch den Augenoptiker das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, besteht demnach ein An-spruch auf eine erneute Versorgung mit einer Sehhilfe auch dann, wenn sich die Sehfähigkeit nicht um mindestens 0,5 dpt geändert hat, oder bei Kurzsichtigkeit keine Visusver-besserung um mindestens 20 Prozentpunkte erreicht werden kann. Vollendet der Versicherte zwischen der Verordnung und der Abnahme der Sehhilfe das 14. Lebensjahr, bleibt der be-reits begründete Anspruch auf eine Folgeversorgung einer Sehhilfe bestehen.
4.3 Änderung der Sehfähigkeit um 0,5 dpt
Anspruch auf eine erneute Versorgung mit Sehhilfen besteht für über 14 Jahre alte Versicherte, wenn sich die Sehfähig-keit auf einem oder auf beiden Augen um mindestens 0,5 dpt geändert hat. Eine Änderung der Sehfähigkeit auf jedem der beiden Augen um je 0,25 dpt reicht nicht aus, wenn sich die Fehlsichtigkeit an beiden Augen entweder verbessert oder verschlechtert.
Dagegen liegt eine Änderung der Brechkraft um 0,5 dpt vor, wenn die Gläserstärke für das eine Auge um 0,25 dpt zuge-nommen und für das andere Auge um 0,25 dpt abgenommen hat.
4.4 Ausnahme in medizinisch zwingend erforderlichen Fällen
Hat sich der Grad der Brechkraft bei über 14 Jahre alten Versicherten nicht um mindestens 0,5 dpt geändert, ist bei Kurzsichtigkeit die erneute Versorgung mit einer Sehhilfe auch dann möglich, wenn sich dadurch eine Verbesserung der Sehfähigkeit um mindestens 20 Prozentpunkte erzielen läßt.
Sind aufgrund medizinischer Indikationen bei einem bereits mit einer Sehhilfe versorgten - über 14 Jahre alten - Versi-cherten nunmehr korrigierende Lichtschutzgläser erforder-lich, besteht in diesem medizinisch begründeten Fall der An-spruch auf erneute Versorgung mit einer Sehhilfe auch dann, wenn eine Änderung der Sehschärfe um mindestens 0,5 dpt nicht eingetreten ist.
4.5 Ersatzbeschaffung einer Sehhilfe
Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfaßt der Anspruch des Versi-cherten auch die notwendige Ersatzbeschaffung des Hilfsmit-tels. Wurde die Sehhilfe aus vom Versicherten nicht zu ver-tretenden Gründen zerstört oder so stark beschädigt, daß eine Instandsetzung unmöglich ist, oder ging sie unverschul-det verloren, besteht Anspruch auf eine erneute Versorgung mit einer Sehhilfe unabhängig von einer Änderung der Sehfä-higkeit um mindestens 0,5 dpt.
Eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für eine Ersatz-beschaffung besteht allerdings nur für solche Sehhilfen, die bei dem Versicherten medizinisch erforderlich sind. Hat z.B. der Versicherte anstelle einer ansonsten erforderli-chen Brille Kontaktlinsen gewählt, besteht bei Verlust oder Zerstörung beider Kontaktlinsen nur ein Anspruch auf Ersatz der Kosten, die bei entsprechender Anwendung des § 33 Abs. 3 Satz 3 SGB V für die Ersatzbeschaffung von Brillengläsern angefallen wären.
Geht nur eine der beiden Kontaktlinsen verloren oder wird sie aus vom Versicherten nicht zu vertretenden Gründen un-brauchbar, beträgt der Zuschuß die Hälfte des für die Bril-lengläser erforderlichen Betrages.
Hat der Versicherte die Sehhilfe allerdings vorsätzlich oder grob fahrlässig beschädigt oder zerstört, um in den Ge-nuß einer neuen Sehhilfe zu kommen, ist der Anspruch ausge-schlossen.
Andere Sehhilfen (z.B. Blindenlesesysteme, Bettlesegerät, Blattwendegerät) sind keine Sehhilfen im Sinne dieser Pro-duktgruppe. Sie können allerdings andere Hilfsmittel i.S.d. § 33 Abs. 1 SGB V sein (vgl. PG 07 "Blindenhilfsmittel", PG 02 "Adaptionshilfen").
5. Brillenfassungen (-gestelle) und Systemträger
5.1 Brillenfassungen (-gestelle)
5.1.1 Konfektionierte Brillenfassungen (-gestelle)
Nach § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V sind Brillenfassungen (-ge-
stelle) keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Dies gilt beispielsweise auch für
- Brillenfassungen (-gestelle) für Säuglinge und Kinder
- Brillenfassungen (-gestelle) für Schulsportbrillen
- Brillenfassungen (-gestelle), die wegen der besonderen Art
der Sehbehinderung mit Sonderausstattungen (z.B. Silikon-
überzug) versehen werden müssen, die im Normalfall nicht
erforderlich sind oder
- spezielle Brillenfassungen (-gestelle), die - ggf. mit
weiteren handwerklichen Änderungen - aus von dem Willen
des Versicherten unabhängigen Gründen benötigt werden.
Lediglich solche Brillenfassungen (-gestelle) werden vom
Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht erfaßt,
auf die die Bezeichnung Brillenfassung (-gestell) schon
nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht zutrifft (z.B.
Vorrichtungen i.S. einer Gesichtsplastik oder Gesichtspro-
these, Systemträger), siehe hierzu Textziffern 5.1.2 bis
5.1.4).
5.1.2 Systemträger für vergrößernde Sehhilfen
Zur Anpassung von vergrößernden Sehhilfen, und zwar vorwie-gend der schweren Kepler-Systeme, kann die Verwendung eines Systemträgers notwendig sein, da in vielen Fällen ein(e) herkömmliche(s) Brillenfassung (-gestell) mit eingearbei-teten Kepler-Systemen keinen ausreichenden Sitz gewähr-leistet.
Wird solch ein Systemträger verwendet, so ist bei einer monokularen, d.h. einäugigen Versorgung, die Einarbeitung eines Phantoms (aus Gewichtsgründen) auf der unversorgten Seite nicht notwendig.
§ 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V findet bei den Systemträgern für
entsprechende vergrößernde Sehhilfen keine Anwendung.
5.1.3 Montagezubehör für Kepler- und Galilei-Systeme
Zur Montage eines Kepler-Systems bzw. eines Galilei-Systems können z.B. Trägergläser, Trägerringe oder Adapter zur Fer-tigstellung notwendig werden. Dieses Zubehör ist Leistung der GKV und kann ggf. gesondert abgerechnet werden.
5.1.4 Aus medizinischen Gründen erforderliche Sonderanfer-
tigungen
Bei Vorliegen bestimmter Indikationen lassen sich konfek-tioniert hergestellte Brillenfassungen (-gestelle)/(-be-festigungen) nicht immer den besonderen Erfordernissen entsprechend individuell anpassen. Sonderanfertigungen können in wenigen Ausnahmefällen notwendig sein bei:
- extremer Gesichtsasymmetrie,
- Knochen- und Weichteildefekten im Bereich der Augenhöhle,
die durch eine Epithese verdeckt werden müssen und
- Knochendefekten über oder hinter dem Ohr.
§ 33 Abs. 1 Satz 3 SGB V findet bei den aus medizinischen
Gründen erforderlichen Sonderanfertigungen keine Anwendung.
5.2 Brillengläser
5.2.1 Allgemeines
Brillengläser werden aufgrund des verwendeten Werkstoffes unterteilt in Brillengläser aus mineralischem Glas (Sili-kat) und aus organischem Glas (Kunststoff).
Mineralische Brillengläser bestehen aus transparenten, anor-ganischen, nicht kristallinen Werkstoffen. Brillenkron ist der meist verwendete Werkstoff für mineralische Gläser. Für höherbrechende mineralische Brillengläser wird u.a. Schwer-flint als Werkstoff verwendet.
Brillengläser aus Kunststoff bestehen aus organischen Be-standteilen. Aufgrund ihrer Materialeigenschaften sind Kunststoffgläser in der Regel leichter, jedoch auch dicker als mineralische Gläser mit gleichem Scheitelbrechwert. Da-bei ist allerdings die Verschleißfestigkeit von Kunststoff-gläsern geringer als die von mineralischen Gläsern, die
Bruchfestigkeit jedoch erhöht.
Die wesentlichen Materialeigenschaften von Brillengläsern sind der Brechwert, die Abbesche Zahl und die Dichte.
Der Brechwert ist ein Maß für die Ablenkung der optischen Strahlen. Je höher der Brechwert ist, um so geringer ist die Krümmung der Glasfläche bei gleichem Scheitelbrechwert des Glases und um so dünner kann daher das Brillenglas ge-fertigt werden. Die GKV übernimmt bei entsprechender Indi-kation (siehe Produktartbeschreibung 25.21.28.0-3) nur die Kosten für höherbrechende Brillengläser mit einer Brechzahl (Brechungsindex) bis max. 1,7.
Die Abbesche Zahl ist ein Maß für die Farbzerstreuung (Dis-persion) durch das Brillenglas. Je kleiner die Abbesche Zahl ist, um so größer ist die Beeinträchtigung durch Farb-säume, die außerhalb des optischen Mittelpunktes des Glases wahrgenommen werden.
Die Dichte von Werkstoffen, aus denen Brillengläser gefer-tigt werden, ist maßgebend für das Gewicht des Brillengla-ses. Je höher die Dichte ist, um so schwerer wird das Bril-lenglas.
Brechzahl Abbesche Zahl Dichte
Brillenkron ca. 1,525 ca. 58 ca. 2,5 g/cm³
höher brechen-
des minerali-
sches Glas ca. > 1,6 ca. < 42 ca. > 2,7 g/cm³
Kunststoff/
organisches
Glas ca. 1,5 ca. 58 ca. 1,3 g/cm³
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Konkavgläsern mit zerstreuender Wirkung (-), die bei Kurzsichtigkeit Verwen-dung finden und Konvexgläsern mit sammelnder Wirkung (+), die zum Ausgleich bei Weitsichtigkeit (Übersichtigkeit) be-stimmt sind und als Nahgläser bei Presbyopie Verwendung fin-den sowie zwischen sphärischen Gläsern (sphärische Wirkung)
und sphärotorischen Gläsern (astigmatische Wirkung), die in einer Ebene (Achse) eine stärkere bzw. schwächere Krümmung aufweisen.
Darüber hinaus erfordern bestimmte Erkrankungen/Vorausset-
zungen die Versorgung mit besonderen Brillengläsern (z.B. Lichtschutzgläser). Weitere Hinweise hierzu enthält Ab-schnitt "E. Sehhilfen" der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien.
Eine Verordnung zu Lasten der GKV ist jedoch ausnahmslos ausgeschlossen für:
- entspiegelte Gläser,
- fototrope Gläser,
- asphärische Flächengestaltung (zu asphär. Stargläsern sh.
Produktart 25.21.25.2 und 3)
- höherbrechende organische Gläser und
- höherbrechende Lentikulargläser.
Trifokalgläser, Gleitsichtgläser sowie Gläser und Folien mit prismatischer Wirkung können nur nach augenärztlicher Verordnung bei speziellen Indikationen übernommen werden; (Hinweise hierzu enthalten die Indikationen der entsprech-enden Produktarten).
5.3 Sonstige Brillen
5.3.1 Allgemeines
Die Gesetzliche Krankenversicherung erfüllt mit der Versor-gung mit Gläsern für eine Brille in einfacher Stückzahl ihre Leistungspflicht. Daher übersteigt die Mehrfachverord-nung einer Brille, deren Korrektionsstärke einer bereits vorhandenen Sehhilfe entspricht, grundsätzlich das Gebot der Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 1 SGB V).
5.3.2 Arbeitsschutzbrillen (Korrektionsschutzbrillen)
Die Erstausstattung mit einer Sehhilfe kann nicht ausrei-chend sein, wenn die Arbeitsbedingungen und/oder die Ar-beitssicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften die An-schaffung einer zusätzlichen, besonders ausgestatteten Bril-le für das Arbeitsleben erfordern.
Das Bundessozialgericht hat wiederholt festgestellt, daß die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung solche Lei-stungen nicht zu erbringen brauchen, welche etwa der beruf-lichen Eingliederung der Versicherten dienen, jedoch hat es die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit als solche als ein elementares Grundbedürfnis angesehen. Mit Urteil vom 15.11.1989 - Az.: 8 RKn 13/88 - (USK 89142) hat das BSG ent-schieden, daß die GKV Korrektionsschutzbrillen zur Verfü-gung stellen muß, wenn diese dazu dienen, das Grundbedürf-nis beruflicher Tätigkeit zu befriedigen. In die Leistungs-pflicht fällt nur der medizinische Ausgleich der Behinde-rung.
Die Verordnung einer - zusätzlichen - Gläsern für eine Arbeitsschutzbrille (Korrektionsschutzbrille) ist daher im Rahmen der Versorgung mit Sehhilfen möglich. Soweit die Seh-hilfe besondere Vorkehrungen enthält, welche nicht dem spe-zifischen Ausgleich einer Fehlsichtigkeit, sondern aus-schließlich den Zwecken der Unfallverhütung dienen (z.B. Mehrkosten für Kunststoffgläser für Schweißarbeiten, Här-tung von Gläsern nach DIN und Seitenschutz) besteht für diese Vorkehrungen keine Leistungspflicht der GKV.
5.3.3 Bildschirmarbeitsplatzbrillen (Mitteldistanzbrillen)
Das menschliche Auge verfügt über die im Alter abnehmende
Fähigkeit, Objekte in unterschiedlichen Distanzen scharf
abzubilden (Akkommodationsfähigkeit). Bei Fehlsichtigkeit
wird ein Ausgleich mit Hilfe einer Brille hergestellt, die im Nahbereich ein deutliches Sehen bis auf eine Entfernung von 30 cm oder im Fernbereich eine Entfernung von mehr als 100 cm ermöglicht. Derartige Sehhilfen sind in aller Regel ausreichend, zumal das nicht fehlsichtige/presbyope Auge in der Lage ist, die Zwischenbereiche mit der verbliebenen Akkommodationsfähigkeit selbst auszugleichen.
Bildschirm-Arbeitsplätze erfordern eine gute Sehfähigkeit im mittleren Sehbereich entsprechend dem Abstand Auge-Tasta-tur-Monitor (30 cm - 70 cm). Kann bei mangelnder Akkommoda-tionsfähigkeit für diesen Sehbereich mit einer bereits vor-handenen Sehhilfe die Fehlsichtigkeit nicht ausgeglichen werden, ist die zusätzliche Versorgung mit Brillengläsern für die Tätigkeit an Bildschirmgeräten zu Lasten der GKV möglich. Voraussetzung für die Versorgung ist, daß mit der vorhandenen, für die Korrektion des Sehfehlers geeigneten Brille, eine ausreichende Sehfähigkeit in den Entfernungs-bereichen des Bildschirmarbeitsplatzes - trotz korrekter ergonomischer Einrichtung des Arbeitsplatzes - nicht ge-währleistet ist.
Hierfür können bei entsprechender Indikation Trifokalgläser oder Bifokalgläser auch mit vergrößertem Nahteil in Be-tracht kommen.
5.3.4 Schulsportbrillen
Die Gesetzliche Krankenversicherung erfüllt die sich aus § 33 SGB V ergebende Leistungspflicht mit der Gewährung von
Gläsern für eine "Normalbrille". Ein darüber hinausgehender Bedarf für die Mehrfachversorgung einer Sehhilfe, der sich aus besonderen, dem gesellschaftlichen oder privaten Be-reich zuzurechnenden Betätigungen ergeben kann, fällt nicht in die Leistungspflicht der GKV.
Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Schüler im Rahmen des Schulbesuchs auf eine Sportbrille angewiesen ist, weil eine gewöhnliche Brille bei bestimmten sportlichen Betätigungen nicht getragen werden kann. So hat das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 22.07.1981 - Az.: 3 RK 56/80 - (USK 81128) entschieden, daß ein Schüler neben einer normalen Brille mit einer Sehhilfe auszustatten ist, wenn er zur Teilnahme am Sportunterricht eine Sportbrille benötigt. In seiner Urteilsbegründung führte das BSG aus, daß es für einen Schüler zur normalen Lebensführung gehöre, die Schule zu besuchen und am Unterricht teilzunehmen. Ist er dazu auf-grund einer Behinderung nicht oder nur teilweise in der La-ge, kann aber die eingeschränkte Fähigkeit durch ein Hilfs-mittel ermöglicht oder erweitert werden, so wird in der Re-gel die Hilfsmittelgewährung notwendig sein. Abschnitt "E. Sehhilfen" der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien be-stimmt, daß Sportbrillen nicht verordnungsfähig sind, es sei denn, sie sind für die Teilnahme am Schulsport erfor-derlich. Folglich fallen nur Gläser für Sportbrillen, die für die Teilnahme am Schulsport erforderlich sind, in die Leistungspflicht der GKV.
Ist die Versorgung mit einer Sportbrille durch Gründe ver-anlaßt, die dem Bereich der Eigenverantwortung des Sehbe-hinderten zuzurechnen sind, kann die Verordnung zu Lasten der GKV nicht erfolgen (z.B. Sportbrillen für Sportstuden-ten, für Teilnehmer an Freizeit-Sportkursen, für Mitglieder in Sportvereinen etc.).
5.3.5 Lichtschutzbrillen ohne korrigierende Wirkung
Der Wunsch nach Versorgung mit einer Lichtschutzbrille ohne korrigierende Wirkung wird in der weitaus überwiegenden Zahl durch modische Einflüsse und individuellen Geschmack bestimmt, so daß unter diesen Voraussetzungen eine Kosten-übernahme durch die GKV nicht möglich ist.
Auch Lichtschutzbrillen, die zur Prophylaxe vor UV-Schädi-gungen (z.B. im Hochgebirge) getragen werden, sind keine Leistung der GKV.
Lediglich in den Fällen, bei denen eine der in Ziffer 57.1 Buchstabe a) - k) und n) des Abschnittes "E.Sehhilfen" der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien genannten Indikatio-nen vorliegt, kann eine Versorgung mit Lichtschutzgläsern ohne korrigierende Wirkung zu Lasten der GKV erfolgen. Auch hier gilt jedoch, daß die Lichtschutzgläser eine 75%ige Transmission nicht überschreiten dürfen.
6. Kontaktlinsen
6.1 Allgemeines
Kontaktlinsen sind Sehhilfen, die in Kontakt mit dem vorderen Augenabschnitt (der Hornhaut) stehen. Dabei ist die Kontaktlinse in eine dünne Tränenflüssigkeitsschicht eingebettet.
Sie werden - im Gegensatz zu Kontaktschalen - als optisches Korrektionsmittel eingesetzt. Kontaktschalen dienen thera-peutischen Zwecken (z.B. Verbandschale). Kontaktlinsen und -schalen können nur bei bestimmten Indikationen zu Lasten der GKV verordnet werden.
Ein Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB V nur in medizinisch zwingend erfor-derlichen Fällen. Verordnungshinweise enthält Abschnitt "E. Sehhilfen" der vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkas-sen beschlossenen Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien.
Nicht medizinisch indizierte Kontaktlinsen, die aus berufli-chen Gründen anstelle einer erforderlichen Brille vom Ver-sicherten gewählt werden, sind keine Leistung der GKV (sh.
TP 6.6)
Implantierbare Linsen (z.B. Intraokularlinsen) sind keine
Hilfsmittel im Sinne dieser Produktgruppe.
Kontaktlinsen, die als postoperative Interimsversorgung (auch als Verbandlinse) einer von den Gesetzlichen Kranken-versicherungen nicht übernommenen corneachirurgischen Inter-vention zur Korrektur einer Refraktionsannomalie benötigt werden, sind auch keine Leistung der gesetzlichen Kranken-versicherung.
Mehrkosten für Kontaktlinsen in farbiger Ausführung, die dazu verwendet werden, die körpereigene Farbe der Iris zu verändern oder zu verstärken, sind keine Leistung der GKV.
Bifokal- bzw. Multifokallinsen fallen nicht in die Lei-stungspflicht der GKV, da bei medizinisch indizierten Kon-taktlinsen eine zusätzliche Sehminderung im Nahbereich durch
eine zusätzliche Brille (Brillengläser) für den Nahbereich ausgeglichen werden kann.
Formstabile (harte) Kontaktlinsen stellen die Regelversor-gung dar. Flexible (weiche) Kontaktlinsen können zu Lasten der GKV verordnet werden, wenn harte Kontaktlinsen nach aus-reichend langem Trageversuch nicht vertragen wurden. Dabei ist davon auszugehen, daß die Eingewöhnungsphase bei Anpas-sung formstabiler (harter) Kontaktlinsen mehrere Wochen be-tragen kann.
Da Kontaktlinsen aus medizinischen Gründen nicht ununterbro-chen getragen werden können, ist bei verordneten Kontaktlin-sen die zusätzliche Verordnung von Brillengläsern möglich. Bei Alterssichtigkeit sind ggf. zusätzlich die Alterssich-tigkeit korrigierende weitere Brillengläser verordnungs-fähig.
Das Tragen von Kontaktlinsen kann - insbesondere bei einer langjährigen Tragedauer - zur Beeinträchtigung und Schädi-gung des Auges (insbesondere der Hornhaut) führen. Aus die-sem Grund sollten regelmäßige ärztliche Kontrollen [bei formstabilen (harten) Kontaktlinsen ca. jährlich, bei fle-xiblen (weichen) Kontaktlinsen aufgrund der höheren Kompli-kationsrate etwa halbjährlich] durchgeführt werden.
6.2 Kontaktlinsenarten und ihre Eigenschaften
Kontaktlinsen werden u.a. unterschieden nach ihrer
1. Formstabilität in hart und weich,
2. nach ihrer Flächenform, z.B. sphärisch, torisch oder
asphärisch,
3. nach ihrem Flächenaufbau, z.B. einkurvig, mehrkurvig.
Als Kriterium zur Unterscheidung zwischen harten und weichen
Kontaktlinsen dient die Formstabilität. Diese wird im we-
sentlichen durch Form und Material bestimmt.
Harte Linsen halten ihre Form ohne Unterstützung bei, wei-che Linsen verändern ohne Unterstützung ihre Form, z.B. Hydrogellinsen, d.h. Linsen aus wasserhaltigen Materialien.
Die dem Objekt zugewandte Fläche einer Kontaktlinse heißt Vorderfläche; die dem Auge zugewandte Fläche ist die Rück-fläche. Der Rand oder auch der periphere Bereich oder die periphere Zone stellt den Übergang zwischen Rück- und Vorderfläche dar. Derjenige Bereich einer Kontaktlinse, der die für die Korrektion benötigte dioptrische Wirkung aufweist, heißt optische Zone.
Kontaktlinsen werden aus verschiedenen organischen Materia-
lien (Kunststoffen) hergestellt, z.B. PMMA, CAB, HEMA, MMA.
Eine wichtige Eigenschaft von Kontaktlinsenmaterialien ist
die Gasdurchlässigkeit.
Die Gasdurchlässigkeit von Kontaktlinsenmaterialien wird
durch den DK-Wert (Permeationskoeffizient, Permeabilität) beschrieben. Dieser gibt die Durchlässigkeit des Materials für Sauerstoff an. Um die Leistungsfähigkeit einer bestimm-ten Kontaktlinse bezüglich der Sauerstoffdurchlässigkeit zu definieren, wird der DK/L-Wert (Transmissibilität) herange-zogen. Der DK/L-Wert berücksichtigt im Gegensatz zum DK-Wert
die mittlere Linsendicke.
Die Transmissibilität ist die für die Kontaktlinsenanpassung
wichtigere Größe; sie ist keine Materialkonstante, sondern
berücksichtigt die Abmessungen der Kontaktlinse und stellt
ein direktes Maß für die Sauerstoffdurchlässigkeit und damit
auch für die der Hornhaut unter dieser Kontaktlinse zur Ver-
fügung stehenden Sauerstoffmenge dar.
Diese Sauerstoffmenge ist für den Hornhautmetabolismus von
großer Bedeutung, so daß eine ausreichende Versorgung ge-
währleistet sein muß. I.d.R. genügen harte, gasdurchlässige Linsen diesen Ansprüchen. Nur in besonderen Fällen (z.B. bei
Säuglingen) können hochgasdurchlässige Kontaktlinsen verord-net werden.
6.3 Pflege- und Reinigungsmittel
Pflegemittel dienen der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Kontaktlinse. Beim Tragen von Kontaktlinsen ist zu be-denken, daß insbesondere weiche Kontaktlinsen immer feucht gehalten werden müssen. Deshalb sind sie bei Unterbrechung des Tragens in einer desinfizierenden Aufbewahrungslösung zu verwahren.
Mit Hilfe von Reinigungsmitteln müssen Kontaktlinsen regel-
mäßig von auftretenden Ablagerungen aus Bestandteilen der Tränenflüssigkeit (z.B. Proteine, Lipide, Mucine) und von Umweltschmutzablagerungen (z.B. Staub- und Schmutzpartikel) befreit werden.
Zur Pflege und Reinigung von Kontaktlinsen gibt es getrenn-te und kombinierte Pflegesysteme, die zum Reinigen, zur Des-infektion, zum Spülen und zum Aufbewahren verwendet werden. Dabei unterscheiden sich die Systeme zur Pflege von form-stabilen (harten) und flexiblen (weichen) Kontaktlinsen.
Nach § 33 Abs. 3 Satz 4 SGB V können die Kosten für Pflege-mittel durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht über-nommen werden. Dies gilt für Reinigungsmittel gleichermaßen.
Es wird auf Abschnitt "E. Sehhilfen" der Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien verwiesen.
6.4 Benetzungsflüssigkeiten
Benetzungsflüssigkeiten (künstliche Tränenflüssigkeit) kön-nen als Arzneimittel nur dann zu Lasten der GKV verordnet werden, wenn nach augenärztlichem Befund die körpereigene Produktion der Tränenflüssigkeit derart vermindert ist ("trockenes" Auge), daß medizinisch notwendige Kontakt-linsen ohne die Verwendung einer Benetzungsflüssigkeit nicht getragen werden können.
6.5 Intensivreinigung von Kontaktlinsen
Kontaktlinsen bedürfen zur Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit in regelmäßigen Abständen einer sog. Intensivreinigung, die vom Hersteller bzw. Anpasser durchgeführt wird.
Mit einer sog. Intensivreinigung können besonders wider-standsfähige Ablagerungen entfernt werden.
Kosten für eine Intensivreinigung können übernommen werden.
Eine Übernahme der Kosten kommt allerdings nur bei solchen Kontaktlinsen in Betracht, mit denen der Versicherte auf-grund des § 33 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB V versorgt wurde.
Hat der Versicherte anstelle einer sonst ausreichenden Bril-le Kontaktlinsen gewählt, scheidet eine Kostenübernahme für die Intensivreinigung der Linsen aus.
6.6 Kontaktlinsen anstelle einer erforderlichen Brille
Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kon-taktlinsen, ohne daß hierfür eine medizinische Begründung vorliegt, leistet die Krankenkasse gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 SGB V als Zuschuß zu den Kosten der Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für an sich erforderliche Brillengläser zu übernehmen hätte.
7. Vergrößernde Sehhilfen
7.1 Allgemeines
Vergrößernde Sehhilfen dienen dem Ausgleich der beeinträch-tigten Sehfunktion bei Sehbehinderten, wenn deren Sehminde-rung aufgrund bestimmter Erkrankungen nicht mehr durch eine korrigierende Brille bzw. Kontaktlinse auszugleichen ist, so daß nur noch mit Hilfe optischer oder elektronischer Ver-größerung das zu betrachtende Objekt erkannt werden kann.
Zu den vergrößernden Sehhilfen zählen sowohl optisch ver-größernde Systeme, wie z.B.:
- Brillengläser mit Lupenwirkung
- Lupen
- Fernrohrsysteme, Fernrohrlupensysteme
- Handfernrohre
als auch elektronisch vergrößernde Systeme, wie:
- Bildschirmlesegeräte.
Welche vergrößernde Sehhilfe im Einzelfall erforderlich wird, hängt vom Vergrößerungsbedarf, dem benötigten Sehfeld-durchmesser und dem Arbeitsabstand ab.
Vor der Verordnung einer vergrößernden Sehhilfe für die Nähe
sollte bedacht werden, daß auch durch Annäherung an das Le-segut bzw. den zu betrachtenden Gegenstand auf einfache Art bei manchen Versicherten schon ein Ausgleich des herabge-setzten Sehvermögens erreicht werden kann. Bei zumutbarem Arbeitsabstand kann dadurch die Verordnung einer vergrößern-den Sehhilfe entbehrlich werden.
Weiterhin sollte darauf hingewiesen bzw. geachtet werden, daß der Versicherte für eine gute Beleuchtung des Lesegutes durch eine entsprechende Leselampe sorgt, wodurch der Kon-trast erhöht, und dadurch die Sehfähigkeit verbessert werden kann.
Die erforderliche Lichtquelle ist keine Leistung der GKV, sofern sie nicht in der Sehhilfe integriert ist.
Andere Sehhilfen (z.B. Blindenlesesystem, Bettlesegerät, Blattwendegerät) sind keine Sehhilfen im Sinne dieser Produktgruppe. Sie können allerdings andere Hilfsmittel i.S.d. § 33 Abs. 1 SGB V sein (vgl. PG 07 "Blindenhilfsmit-tel", PG 02 "Adaptionshilfen").
Da bei der Verordnung einer vergrößernden Sehhilfe bei gleichem Krankheitsbild unterschiedliche Versorgungsmög-lichkeiten in Frage kommen können, ist es wichtig, daß für den Versicherten durch Erprobung das für seine Gegebenhei-ten und Bedürfnisse entsprechende Hilfsmittel sorgfältig unter augenärztlicher Verantwortung ausgewählt wird. Die Er-probung kann z.B. bei zugelassenen Augenoptikern oder Augen-ärzten erfolgen, die über eine umfangreiche Auswahlmöglich-keit zwischen vergrößernden Sehhilfen verfügen. Für beson-dere Fälle der Erprobung/Begutachtung bieten sich ferner entsprechend ausgestattete Einrichtungen an, wie z.B.:
- Augenklinik der Universität Heidelberg, Sektion Ophthal-
mologische Rehabilitation,
- Medizinische Fakultät (Charité) der Humboldt-Universität
zu Berlin, Abteilung für Augenheilkunde, Physiologische
Optik, Ergophthalmologie und Kontaktlinsen,
- Rehabilitations-Einrichtung für Sehgeschädigte,
Deutsche Blinden-Studienanstalt in Marburg,
- Augenklinik der Universität Tübingen, Sehbehinderten-
Beratungsstelle,
- Fachhochschule Aalen, Fachbereich Augenoptik, Aalen,
- Staatliche Fachschule für Optik und Fototechnik, Berlin,
- Fachschule für Augenoptik "Hermann Pistor", Jena,
- Höhere Fachschule für Augenoptik, Köln,
- Fachakademie für Augenoptik, München.
(Stand: 12.06.96)
Bei der Verordnung und Auswahl einer vergrößernden Sehhilfe ist zu berücksichtigen, zu welchem Zweck und unter welchen Umgebungsbedingungen - insbesondere bei welchem Arbeitsab-stand - der Sehbehinderte sie einsetzen will (z.B. zum Le-sen von Texten, von kurzen Notizen, zum stationären und mo-bilen Einsatz im Fernbereich oder auch für alltägliche haus-wirtschaftliche Verrichtungen). Es ist möglich, daß der Ver-sicherte für verschiedene Tätigkeiten aufgrund unterschied-lich einzuhaltender Arbeitsabstände mehrere Sehhilfen benö-tigt.
Auch die sonstige körperliche Verfassung des Versicherten sowie die Fähigkeit zur Nutzung kann entscheidend für die Auswahl der vergrößernden Sehhilfe sein, z.B. Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände, wie etwa starkes Zittern (Tremor).
7.2 Arten der vergrößernden Sehhilfen und ihre Eigenschaf-
ten
7.2.1 Brillengläser mit Lupenwirkung
Vergrößernde Sehhilfen, die in Brillenform gefertigt wer-den, verlangen eine individuelle Anpassung. Zum einen gibt es die Möglichkeit, Gläser mit Lupenwirkung in eine Brillen-fassung als vergrößernde Sehhilfe einzusetzen. Das sind Sammellinsen mit erhöhtem Brechwert. Die Versorgung mit derartigen Gläsern hat jedoch zur Folge, daß der Arbeitsab-stand bei entsprechend hoher Dioptrienzahl bis auf wenige Zentimeter abnimmt.
7.2.2 Lupen
Lupen gibt es in den unterschiedlichsten Variationen, die in der Regel standardisiert hergestellt werden. Sie werden zum großen Teil auch von Normalsichtigen genutzt, um bei speziellen Tätigkeiten eine Vergrößerung von Details zu erreichen, die auch ein gesundes Auge nicht mehr wahrnehmen kann (z.B. an Arbeitsplätzen in der Feinmechanik oder bei der Ausübung eines Hobbys).
Sogenannte Umkehrsysteme (umgekehrte Fernrohre nach Galilei)
bieten eine fast zweifache Verkleinerung und sind damit für Retinopathia Pigmentosa-Patienten mit Einschränkung des Gesichtsfeldes (<= 5 Grad) geeignet. Hierüber ist ggf. unter Einbeziehung des MDK im Einzelfall zu entscheiden.
Zu Lasten der GKV sind Lupen nur bei entsprechender medizi-nischer Indikation - sofern sie zum Lesen oder zur Verrich-tung von alltäglichen Tätigkeiten benötigt werden - verord-nungs- bzw. erstattungsfähig.
Sofern Leuchtlupen mit Akku bzw. Batterie betrieben werden,
fallen die für die Ernergieversorgung entstehenden Kosten in den eigenverantwortlichen Bereich des Versicherten.
7.2.3 Fernrohrsysteme
Eine andere Art der vergrößernden optischen Sehhilfen sind
Fernrohrsysteme oder Fernrohrbrillen, die in spezielle Systemträger eingearbeitet werden. Hierbei sind prinzi-piell zwei Systemarten zu unterscheiden:
- Galilei-Systeme (Fernrohrlupenbrille)
- Kepler-Systeme (Prismenlupenbrille/Fernrohrlupenbrille).
Fernrohrsysteme nach Galilei erreichen eine max. 2,5fache Vergrößerung und Systeme nach Kepler max. eine 6fache Ver-größerung - jeweils ohne Nahzusatz - für die Ferne. Dabei sind jedoch Kepler-Systeme aufgrund ihrer baulichen Kon-struktion schwerer und größer als Galilei-Systeme. Bei bei-den Systemen kann für die Nähe durch Aufsteckgläser eine höhere Vergrößerung erzielt werden, wobei sich der Arbeits-abstand analog dazu verringert.
Der einzuhaltende Arbeitsabstand wird in dem Maße ver-größert, in dem die Fernrohrvergrößerung zu der Gesamtver-größerung beiträgt.
Die Systeme können monokular oder binokular angepaßt werden.
Die Verordnung binokularer Brillensysteme (mit Spezialglä-sern oder Fernrohrsystemen) für den Fern- bzw. Nahbereich ist nur dann zweckmäßig, wenn der zu Versorgende in der Lage
ist, binokular zu sehen.
Aus diesem Grund werden nur im Ausnahmefall die beschrie-benen speziellen Brillensysteme binokular angepaßt. Der Ver-sicherte sollte sich mit der angefertigten Sehhilfe noch einmal abschließend dem verordnenden Augenarzt vorstellen.
7.2.4 Handfernrohre
Handfernrohre (Monokulare nach Kepler und Galilei) werden standardisiert hergestellt und zum Teil auch von Normalsich-tigen verwendet. Als vergrößernde Sehhilfen können Handfern-rohre nur bei entsprechender medizinischer Indikation ver-ordnet werden. Die Anwendungsbereiche für Sehbehinderte sind
z.B. das Erkennen von Straßenschildern, Ampeln oder das Lesen der Schrift an der Tafel bei Schulkindern.
7.2.5 Bildschirmlesegeräte
Bei hochgradiger Sehbehinderung können elektronisch ver-größernde Systeme, wie Bildschirmlesegeräte zum Einsatz kom-men. Bildschirmlesegeräte vergrößern elektronisch ein Objekt
(i.d.R. einen Text), das über eine Kamera aufgenommen wird. Die Darstellung des vergrößerten Bildes erfolgt über einen
- integrierten - Bildschirm. Diese Hilfsmittel ermöglichen hohe Vergrößerungen und eine Kontrastverstärkung. Vor einer endgültigen Entscheidung der Krankenkasse über die Kosten-übernahme sollten dem Versicherten einige Wochen leihweise diese Systeme zur Erprobung überlassen werden. Hierbei soll sich in der alltäglichen Anwendung zeigen, ob das Gerät ge-eignet ist und auch genutzt wird. Dies sollte vor der end-gültigen Kostenübernahme durch die Krankenkasse vom MDK be-gutachtet werden. Zur Verordnungsfähigkeit gibt die Produkt-artbeschreibung weitere Hinweise. Geräte ohne integrierten Bildschirm - sogenannte Fernsehlesegeräte - nutzen als Ausgabeeinheit handelsübliche TV-Geräte und fallen nicht in die Leistungspflicht der GKV.
Mehraufwendungen für Color-Geräte fallen in den eigenverant-
wortlichen Bereich des Versicherten.
Bildschirmlesegeräte, die als Hilfsmittel im Sinne dieser Produktgruppe aufgeführt werden, sind standortunabhängige Geräte. Möbelstücke (z.B. Tische), die zur Aufstellung des Gerätes dienen, fallen nicht in die Leistungspflicht der GKV.
7.2.6 Übersicht über die verschiedenen Versorgungsmöglich-
keiten
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die ver-schiedenen Versorgungsmöglichkeiten.
============================================================
Hilfsmittel |Arbeitsabstand |Vergrößerung |Produkt-
|Auge-Objekt in cm|(x-fach) |untergruppe
==============|=================|===============|===========Einstärken- | ca. 20-12 bis |1-2 |
gläser mit | ca. 4-3 |max. 6-8 |
Lupenwirkung | |Hyperokulare |Brillen-
(Hyperokulare)| |bis 12 |gläser mit
——————————————|—————————————————|———————————————|Lupen-
Zweistärken- |ca. 18-14 bis |1-2 |wirkung
lupengläser |ca. 4-3 |max. 6-8 |
==============|=================|===============|===========
Handlupen |ca. 30-12 |ca. 2-6 |
| |max. 20** |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Standlupen |ca. 30-12 |ca. 2-6 |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Umhängelupen |ca. 25 |ca. 1-3 |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Hellfeldlupen |0 |ca. 2 (je nach |
& Lesestäbe | |Akkommodations-| Lupen
| |vermögen höher |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Lupenvorhänger|ca. 18-4 |ca. 2-6 |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Lupenaufsätze |ca. 14-4 |ca. 2-8 |
(für die | |max. 20** |
Brille) | | |
==============|=================|===============|===========
Galilei-Sy- |Ferne* |1,8 / 2,5 |
stem für die | | |
Ferne | | |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Galilei-Sy- |Ferne* bis |1,8-12 je |Fernrohr-
stem mit Auf- |ca.5-8 |nach Aufsteck- |systeme
steckglas | |glas |nach
für die Nähe | | |Galilei
——————————————|—————————————————|———————————————|
Galilei-Sy- |ca. 20-8 |ca. 2-10 |
stem für die | | |
Nähe | | |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Galilei-Sy- |Ferne* bis ca.40 |z.B.fokussier- |
stem | |bar im Bereich |
fokussierbar | |1,8-2,3 |
==============|=================|===============|===========
Kepler-System |Ferne* |2,8-6 |
für die Ferne | | |
——————————————|—————————————————|———————————————|Fernrohr-
Kepler-System |Ferne* bis ca.11 |2,8-ca.20** |systeme
mit Aufsteck- | | |nach
glas für die | | |Kepler
Nähe | | |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Kepler-System |ca. 55-18 |2,8-ca.8 |
für die Nähe | | |
——————————————|—————————————————|———————————————|
Kepler-System |Ferne* bis ca.20 |z.B. fokussier-|
fokussierbar | |bar im Bereich |
| |2,8-6 |
==============|=================|===============|===========
Handfernrohre |Ferne* bis ca.20 |ca.2,8-8 |Handfern-
nach Kepler, | | |rohre
Monokulare | | |nach Kep-
| | |ler bzw.
| | |Galilei
==============|=================|===============|===========
Bildschirm- |ca. 30-40 |bis ca.60 |Elektro-
lesegeräte | | |nisch
| | |vergrö-
| | |ßernde
| | |Sehhilfen
============================================================
* Unendlicher Arbeitsabstand
** Bei diesen sehr hohen Vergrößerungen ist das Seh-
feld so klein, daß die Lupe nur für kurzzeitige
Nutzung geeignet ist.
8. Querverweise
Für Blattwendegeräte siehe auch PG 02 "Adaptionshilfen"
Für Blindenvorlesegeräte und Orientierungshilfen siehe auch PG 07 "Blindenhilfsmittel"
Für Geräte zur Unterstützung der Kommunikation (z.B. Blitz-lampen) siehe auch PG 16 "Kommunikationshilfen"
Für Augenprothesen siehe auch PG 24 "Prothesen"